Diagnostisches Streichquintett

Bis vor kurzem wurde die Diagnose der Osteoporose mit der Knochendichtemessung gleichgesetzt bzw. auf diese reduziert. Die WHO-Definition, welche die Osteoporose über den T-Score ja auch ausschließlich über das Ergebnis der Knochendichtemessung definiert, hat zu dieser nicht sehr glücklichen Entwicklung wesentlich mit beigetragen. Das war rückblickend bedauerlich, denn die Knochendichte ist nur ein Steinchen in einem umfassenderen Mosaik, welches diese Krankheit charakterisiert – so wie eine Geige allein noch kein Streichquintett ausmacht. Konnte man früher der Knochendichtemessung in Ermangelung anderer Möglichkeiten noch die Rolle der ersten Geige im diagnostischen Streichquintett der Osteoporose zubilligen, waren die anderen Instrumente wie Krankengeschichte, körperliche Untersuchung, Labor- und Röntgenuntersuchung (vergleichbar der 2. Geige, den Bratschen und dem Cello beim Streichquintett) aber schon immer ebenso notwendige Bestandteile einer gründlichen Diagnose. Schließlich steht immer der Mensch als Ganzes im Mittelpunkt und wir wollen nicht einen Messwert behandeln, sondern einen Menschen mit einer behandlungsbedürftigen Krankheit. In der Regel ist diese einseitige Einschränkung der Osteoporosediagnostik auf die Knochendichtemessung heute zwar immer noch gängige Praxis, doch das wird sich in den nächsten Jahren mit Sicherheit grundlegend ändern.

 

Die Knochendichte als früheres Hauptinstrument der Osteoporosediagnostik hat ausgedient, auch wenn das von vielen Ärzten, die sich mit Osteoporosediagnostik und Osteoporosetherapie beschäftigen, noch nicht wahrgenommen wurde. Die neue Definition der Osteoporose stellt dementsprechend die Knochenfestigkeit in den Mittelpunkt! In dieser neuen Definition spielt die Knochendichtemessung nur noch eine sehr untergeordnete Rolle. Andere Faktoren wie 3D-Mikroarchitektur, quantitative Strukturparameter, Knochengeometrie, Mineralisierung, Materialeigenschaften und Knochenstoffwechsel (Bone-Turnover) sind für die Beurteilung der Knochenfestigkeit bzw. für die Beurteilung des Frakturrisikos (Knochenbruchrisiko) viel entscheidender als die Knochendichte, die mit der gängigen DXA-Methode ja nicht einmal richtig gemessen werden kann! Mit der virtuellen Knochenbiopsie mit dem Xtreme-CT sind wir heute in der Lage, einen großen Teil dieser wichtigeren Faktoren in vivo, d.h. direkt am Patienten ohne Eingriff in kurzer Zeit, völlig schmerzlos und mit nur geringer Strahlenbelastung zu messen und damit viel genauere Aussagen über den individuellen Zustand des Knochens bzw. über das individuelle Knochenbruchrisiko und damit auch über die Notwendigkeit einer evtl. notwendigen medikamentösen Behandlung zu treffen als dies nur mit der simplen „Knochendichtemessung“ bis vor kurzem möglich war!

 

Auch ist die „Knochendichtemessung“ mit dem immer noch verbreiteten DXA-Verfahren (was keine echte Knochendichte messen kann) entgegen der früheren Meinung aufgrund neuer grundlegend anderer Erkenntnisse nur sehr eingeschränkt geeignet, das tatsächliche Knochenbruchrisiko (und um nichts anderes geht es bei der Osteoporosediagnostik) zu beurteilen! Auch für die Therapie- oder Verlaufsbeurteilung ist die einfache Knochendichtemessung kaum mehr zu gebrauchen.

 

Eine gründliche Osteoporosediagnostik sollte daher heute wenigstens die folgenden 5 Punkte beinhalten:

 

  • Anamnese (persönliche Krankengeschichte, Beschwerden, Schmerzsymptomatik etc.)
  • Körperliche Untersuchung
  • Laboruntersuchung (Basislabor, falls erforderlich erweitertes Labor)
  • Röntgenuntersuchung (falls erforderlich)
  • Knochenstrukturanalyse (früher Knochendichtemessung)

 

Wegen der derzeit noch sehr geringen Verbreitung dieser neuen Methode (virtuelle Knochenbiopsie in vivo), in Deutschland stehen derzeit nur 2 Geräte zur routinemäßigen Untersuchung an Patienten zur Verfügung (in München und Hamburg, Stand Mai 2006) müssen sich die meisten Patienten derzeit leider immer noch auf die DXA-Messung verlassen. Aufgrund der deutlich höheren Kosten für diese neue Untersuchung wird es sicherlich noch einige Jahre dauern, bis diese Methode mehr Patienten zugänglich sein wird. Aber auch Rom wurde nicht an einem Tag gebaut und es besteht die berechtigte Hoffnung, dass in den nächsten Jahren mehr derartige Geräte installiert werden.