Hormone

Hormone

· Hormone und Osteoporose

Östrogene werden (bei Frauen) in den Eierstöcken gebildet und sind zunächst einmal sehr wichtig für den endgültigen Aufbau der Gipfelknochenmasse ab der Pubertät und später für den Erhalt der Knochenmasse bis zur Menopause (letzte natürliche Regelblutung). Ein verspäteter Beginn der Eierstockfunktion (erkennbar an einer späten ersten Regelblutung – Menarche – nach dem 16. Lebensjahr) kann zu einem verminderten Knochenaufbau führen und ist daher mit einem höheren Osteoporoserisiko verbunden. Das Versiegen der Eierstockfunktion nach der Menopause ist ein Grund, warum Frauen in diesem Lebensabschnitt besonders häufig betroffen sind. Daher bedingen sowohl eine frühzeitige Menopause oder die operative Entfernung der Eierstöcke vor dem 45. Lebensjahr ein deutlich höheres Osteoporoserisiko. Eine Hormonbehandlung kann einen übermäßigen Knochenabbau zwar oft verhindern, jedoch sind Östrogene u.a. wegen des erhöhten Brustkrebsrisikos zunehmend in die Kritik geraten und daher nicht mehr uneingeschränkt zu empfehlen. Zur Behandlung einer manifesten Osteoporose zählen Östrogene heute definitiv nicht mehr zu den Mitteln der ersten Wahl bzw. sind dafür nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr ausreichend.

 

· Östrogene und Brustkrebs

In der letzen Zeit häufen sich Presseberichte, wonach Östrogene angeblich Brustkrebs verursachen sollen. Hierzu ist folgendes zu sagen: es gibt derzeit keine schlüssigen Beweise dafür, dass Östrogene tatsächlich Brustkrebs verursachen. In vielen Studien wurde allerdings festgestellt, dass bei Frauen, die nach Beginn der Wechseljahre (Menopause) länger als 5 Jahre mit Östrogenen behandelt wurden, häufiger Brustkrebs festgestellt wurde als bei Frauen, welche nicht mit Hormonen behandelt wurden.

Das ist freilich ein gravierender Unterschied! In diesen Studien wurden immer Frauen, die über einen bestimmten Zeitraum mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen behandelt wurden, mit Frauen, die nicht mit Hormonen behandelt wurden, verglichen. Wir wissen, dass die meisten Brustkrebsarten unter der Einnahme von Östrogenen schneller wachsen. Darum ist es nur logisch, dass während eines bestimmten Beobachtungszeitraumes bei den Frauen unter Hormonbehandlung allein aufgrund des schnelleren Wachstums des Brustkrebs auch mehr Fälle innerhalb des beobachteten Zeitraumes nachgewiesen wurden.

Das heißt aber nicht automatisch, dass auch insgesamt tatsächlich mehr Brustkrebsfälle aufgetreten wären – vielleicht gab es ja in der Gruppe der nicht mit Hormonen behandelten Frauen genauso viele Fälle, die wegen des langsameren Wachstums nur nicht bis zum Ende des Beobachtungszeitraumes entdeckt worden sind. Daneben scheint die Chance auf Heilung bei Brustkrebs, welcher unter Hormonbehandlung aufgetreten ist, besser zu sein, als bei Brustkrebs, der ohne Hormonbehandlung aufgetreten ist – möglicherweise deshalb, weil bei früherer Erkennung des Brustkrebs dieser noch nicht so weit fortgeschritten ist und daher noch keine – oder weniger – Metastasen vorhanden sind. Außerdem ist die tatsächliche Häufung von Brustkrebs unter Hormonbehandlung relativ gering.

In der sog. WHI-Studie (Womens Health Initiative) – einer amerikanischen Studie, auf die sich viele dieser neuen Presseberichte stützen, wurde beispielsweise gezeigt, dass bei 10.000 Frauen, die über wenigstens 5 Jahre mit einer Kombination aus Östrogenen und Gestagenen behandelt wurden, insgesamt 38 Fälle von Brustkrebs gegenüber 30 Fällen bei nicht mit Hormonen behandelten Frauen aufgetreten sind.

Dies bedeutet zwar eine Steigerung der beobachteten Fälle von Brustkrebs um 38% bei hormonbehandelten Frauen im Vergleich zu nicht mit Hormonen behandelten Frauen. Legt man jedoch die absoluten Zahlen pro 10.000 Frauen zugrunde, so beträgt das Verhältnis von Frauen mit Brustkrebs gegenüber Frauen ohne Brustkrebs laut dieser WHI-Studie nur 0,38% versus 0,30 Prozent.

Das ist ein Unterschied von insgesamt nur 8 Frauen pro 10.000 Frauen oder relativ (in Prozent) von 0,08%! Die gleichen Studien haben auch ein etwas erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle unter Hormonbehandlung gezeigt (in etwa dem gleichen Verhältnis wie die Zunahme von Brustkrebs). Andererseits konnte auch gezeigt werden, dass unter Hormonbehandlung der Verlust von Knochensubstanz definitiv verhindert werden kann und dass auch die Häufigkeit von Knochenbrüchen unter Hormonbehandlung signifikant verringert wird. Da Östrogene zudem auch typische postmenopausale Beschwerden wie Hitzewallungen, Depressionen etc. deutlich lindern bzw. häufig gänzlich verhindern können, haben diese also nach wie vor durchaus ihren Stellenwert.

Allerdings muss abhängig von vorhandenen Risikofaktoren wie z.B. familiäres Vorkommen von Brustkrebs, Brustspannungen, Alter etc. im Einzelfall das individuelle Risiko-/Nutzen-Verhältis genau abgewägt werden und es kann sicherlich nicht jeder Frau pauschal (wie früher nicht selten der Fall) eine Hormonersatztherapie empfohlen werden. Außerdem sollte die Dauer einer evtl. Hormonbehandlung nur bei wirklich berechtigten Fällen 5 Jahre oder mehr überschreiten. Zur Behandlung oder Vermeidung von typischen Wechseljahrebeschwerden sind Hormone vorerst trotz aller Diskussionen aber wohl weiterhin unverzichtbar.