Medikamente – Parathormon

Medikamente

· Knochenaufbaustimulierende Medikamente

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Parathormon:

Ein völlig neues Behandlungsprinzip steht uns seit kurzem mit dem Parathormonfragment „Teriparatid“ zur Verfügung, das im Dezember 2002 erstmals in den USA zur Therapie der Osteoporose zugelassen worden ist (Forteo®). Die Zulassung in Deutschland wird in der zweiten Jahreshälfte 2003 erwartet. Teriparatid bewirkt eine ausgeprägte Aktivierung des Knochenaufbaus, wobei im Gegensatz zu dem unter Fluoriden teilweise minderwertigen neuen Knochen hierunter tatsächlich ein vollwertiger neuer Knochen gebildet zu werden scheint. Jedenfalls konnte mit bildgebenden Verfahren (wie auch mit der von uns verwendeten peripheren quantitaiven Computertomographie) gezeigt werden, dass der neu gebildete Knochen unter Behandlung mit Parathormon alle Merkmale eines normalen Knochens und eine, gegenüber dem Zustand vor Therapie, verbesserte dreidimensionale knöcherne Mikroarchitektur aufweist.

Wirkmechanismus

Dass es unter Parathormon zu einem Knochenaufbau kommt, ist zunächst einmal sehr erstaunlich. Schon häufig wurde auf den sog. sekundären Hyperparathyreoidismus als Hauptursache der sog. Altersosteoporose hingewiesen. Dabei kommt es aufgrund eines Mangels an Calcium und vor allem Vitamin D zu einer erhöhten Ausschüttung des Parathormons aus den Nebenschildrüsen. Die Folge ist eine erhöhte Knochenabbaurate über die Aktivierung der knochenabbauenden Zellen, der Osteoklasten. Und nun soll eben dieses gleiche Parathormon – als Medikament gegeben – plötzlich den Knochenaufbau aktivieren? Wie ist das zu verstehen?

Wie so oft scheint das Geheimnis in der Dosis zu liegen, ein Prinzip, das bereits von Paracelsus erkannt wurde. Beim Hyperparathyreoidismus ist die Bildung und Ausschüttung des Parathormons beständig erhöht. Die Folge ist eine dauerhaft zu hohe Blutkonzentration des Parathormons. Dieses stimuliert dann wiederum permanent die Osteoklasten und es kommt zu einem kontinuierlichen Knochenmasseverlust. Bei der Verabreichung des Parathormons in hoher Konzentration als Medikament wird kurzfristig ein sehr hoher Blutspiegel erzeugt, der sich dann allerdings rasch wieder normalisiert. In dieser hohen Konzentration aktiviert das Parathormon nun aber vor allem die Osteoblasten – die knochenaufbauenden Zellen. Als Folge wird neuer Knochen gebildet. Wenn Ihr Auto ständig im Regen steht und nass ist, beginnt es zu rosten. Insofern ist das Wasser auf Dauer also also eher schädlich für das Auto. Wenn Sie jedoch nur ab und zu in die Waschstraße fahren und Ihr Auto kräftig mit Wasser abspülen, es anschließend aber wieder in der trockenen Garage parken, schadet das Waschwasser nicht – im Gegenteil, Ihr Auto wird wieder blitzblank und der Wiederverkaufswert bleibt erhalten.

Wirkungen auf den Knochen

In einer multinationalen Doppelblindstudie wurden über 2000 Frauen und Männer über 21 Monate mit diesem neuen Medikament (Forteo®), einem gentechnisch hergestellten Fragment (rhPTH 1-34) des Parathormons, bestehend aus 34 Aminosäuren und einer Kombination aus Calcium und Vitamin D behandelt. Dabei wurden vor allem zwei wichtige Wirkungen auf den Knochen erzielt. Im Vergleich zu den nur mit Calcium und Vitamin D sowie einem Placebo behandelten Kontrollpatienten kam es zu einer ausgeprägte Zunahme der Knochendichte um 10-14% an der Wirbelsäule und um ca. 3-5% am Oberschenkelhals. Noch wichtiger: das Risiko neuer Wirbelbrüche wurde bereits nach 21-monatiger Behandlungsdauer um 65%, das Risiko für multiple Wirbelbrüche sogar um 77% gesenkt! Auch das Knochenbruchrisiko für sog. periphere (nicht vertebral = Nicht-Wirbelbrüche) konnte um über 50% vermindert werden. Insofern ist das Parathormon – in dieser Form als Medikament – die bisher erste Substanz, welche nicht nur eine Neubildung von Knochen bewirkt, sondern auch nachweislich das Knochenbruchrisiko erheblich reduziert! Ganz besonders wirksam scheint das Parathormonfragment bei der Absenkung des Risikos für schwere Wirbelbrüche (die besonders starke Schmerzen hervorrufen) zu sein. Dieses sank bei den behandelten Patienten gegenüber den Kontrollpatienten sogar um 90% ab!


Nebenwirkungen und Einnahmevorschriften

Parathormon (Forteo®) gibt es leider nicht in Tablettenform, da es im Magen zerstört würde. Daher muss es subkutan (unter die Haut) injiziert werden, ganz analog dem Diabetiker, der sich täglich mehrmals sein Insulin spritzen muss. Forteo® muss aber glücklicherweise nur einmal pro Tag (am besten abends, vor dem zu Bett gehen) injiziert werden. Dazu gibt es einen speziellen PEN, exakt der gleiche, den auch Diabetiker verwenden. Der Sinn des PEN ist es, jedesmal eine exakte und gleichbleibende Dosis zu verabreichen. Außerdem dient dieser gleichzeitig als Vorrat (in der Regel für 30 Tage), wobei das Medikament jedoch im Kühlschrank aufbewahrt werden muss. Nur die (sehr dünnen und sehr kurzen Nadeln) müssen vor jeder Anwendung gewechselt werden. Das Spritzen ist sehr leicht zu erlernen und praktisch komplikationslos. Zusätzliches Calcium und Vitamin D sind als Basistherapie, wie bei jedem anderen Osteoporosemedikament (außer Vitamin-D-Metabolite), natürlich zusätzlich notwendig.

 

Die Nebenwirkungen scheinen sehr gering zu sein. Die einzigen unerwünschten Nebenwirkungen, die in dieser Studie an über 2000 Frauen und Männer signifikant häufiger als bei der Placebogruppe auftraten, waren Wadenkrämpfe (3% gegenüber 1% bei der Kontrollgruppe) und Übelkeit (9% gegenüber 6%).


Osteoporose, Osteoporosezentrum München, Dr. med. Radspielernach oben

 

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