Medikamente – Vitamin-D-Metabolite

Medikamente

· Abbaubremsende Medikamente (Antiresorptiva)
· Knochenaufbaustimulierende Medikamente

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Vitamin-D-Metabolite:

 

Was sind Vitamin-D-Metabolite?

Über Vitamin D wird an anderen Stellen ausführlich berichtet. Wir unterscheiden beim Vitamin D das mit der Ernährung (hauptsächlich frischer Seefisch, Eigelb, Butter, manche Pilze) aufgenommene sog. Vitamin D2 und das in der Haut unter dem Einfluss der UVB-Strahlung des Sonnenlichts gebildete Vitamin D3. Diese beiden Formen des Vitamin D sind aber noch nicht wirksam. In der Leber erfolgt aus den beiden Vorstufen eine Umwandlung in das sog. 25-Hydroxy-Vitamin D, einer Art Speicherform dieses Vitamins, mit geringer biologischer Aktivität. Erst in der Niere wird dann in einem weiteren Umwandlungsschritt das biologisch aktive Stoffwechselprodukt, das 1,25-Dihydroxy-Vitamin D, gebildet. Aufgrund der vielfältigen und einem Hormon vergleichbaren Wirkungen dieses Vitamin-D-Metaboliten, wird dieser auch als D-Hormon bezeichnet. Die Umwandlung der Speicherform des Vitamin D in der Niere in das aktive D-Hormon ist streng reguliert und erfolgt nach den jeweils vorhandenen Bedürfnissen des Organismus. Erst das aktivierte D-Hormon bewirkt eigentlich die typischen Effekte, die an anderer Stelle beim Vitamin D beschrieben sind. Dies hat aber wichtige Konsequenzen. Zum Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels (in Deutschland sehr häufig), genügt normalerweise die Zufuhr von normalem Vitamin D. Dieses sollte dann zu einer Zunahme der Speicherform des Vitamin D (25-Hydroxy-Vitamin D) führen. Damit ist aber zunächst noch kein Anstieg des biologisch aktiven D-Hormons zu erreichen. Gerade bei älteren Personen ist die Umwandlung der Speicherform in die aktive Form in der Niere nicht selten gestört oder behindert (Vitamin-D-Resistenz). In diesen Fällen ist von der Gabe des normalen (nativen) Vitamin D über Ernährung oder Vitamin-D-Tabletten natürlich auch kein Effekt zu erwarten. Durch die Verabreichung von sog. aktiven Vitamin-D-Metaboliten, synthetisch hergestellten Vorstufen des D-Hormons, wie dem Alfacalcidol (Doss®, Bondiol®), kann man höhere Konzentrationen des aktivierten D-Hormon im Körper erreichen, da hier der Umwandlungsschritt in der Niere umgangen wird. Außerdem haben aktive Vitamin-D-Metabolite eine kurze Halbwertszeit (d.h. sie werden schnell im Körper abgebaut) und sind daher gut steuerbar. Man muss also bei der Behandlung mit Vitamin D unterscheiden zwischen dem Ausgleich eines Vitamin-D-Mangels und der medikamentösen Behandlung mit aktiven Vitamin-D-Metaboliten, mit dem Ziel, deren Wirkungen auf die verschiedenen Organsysteme (Darm, Knochen, Immunsystem) zu nützen. Eine gute Zusammenfassung zu diesem Thema finden Sie u.a. von Dr. Stephan Scharla unter www.edition-nymphenburg.de/ortho/heft6/scharla1.


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Wirkmechanismus

Die klassische Wirkung des Vitamin D ist die Verbesserung der Calciumaufnahme im Darm. Nur wenn genügend Vitamin D vorhanden ist, kann das über die Ernährung oder Tabletten zugeführte Calcium ausreichend von der Dünndarmschleimhaut aufgenommen werden. Der Transport des Calciums durch die Darmschleimhaut ist zumindest teilweise ein aktiver Prozesse, der über sog. Transportproteine vermittelt wird. Bei diesem Transport spielt Vitamin D eine wichtige Rolle. Deshalb sind auch häufig geäußerte Ängste, dass zu viel Calcium schädlich sein könnte, unberechtigt, denn ebenso wie ein Aufzug nur eine begrenzte Anzahl von Personen transportieren kann, ist auch die „Transportfähigkeit“ dieser Proteine durch die „Calciumkanäle“ der Darmschleimhaut limitiert. Wenn die Kapazität dieser Kanäle erschöpft ist, kann auch kein weiteres Calcium transportiert (aufgenommen) werden.

 

Weiterhin unterdrückt das aktive D-Hormon die Bildung des Parathormons in den Nebenschilddrüsen. Ein Mangel an D-Hormon führt zur Ausbildung eines sekundären Hyperparathyreoidismus, der Hauptursache der sog. Altersosteoporose. Vitamin D senkt damit die durch den erhöhten Parathormonspiegel gesteigerte Knochenabbaurate und ist vor allem deswegen den antiresorptiven Medikamenten zuzurechnen. Daneben haben die aktiven Vitamin-D-Metaboliten auch antientzündliche Eigenschaften, indem entzündungsfördernde Zellbausteine in ihrer Aktivität gebremst werden. Dies lässt die Vitamin-D-Metaboliten gerade auch bei der Behandlung bestimmter Formen der sekundären Osteoporose interessant erscheinen, die mit erhöhter entzündlicher Aktivität einhergehen, wie z.B. bei der rheumatoiden Arthritis oder bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis Ulzerosa oder Morbus Crohn. Als eine im Körper vorkommende Substanz ist auch der Wirkmechanismus der Vitamin-D-Metabolite ein physiologischer.


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Effekte auf den Knochen

Bezüglich des Effektes auf den Knochen sind die Vitamin-D-Metabolite als eine Art „Zwittersubstanz“ anzusehen, da sie sowohl über eine antiresorptive (den Knochenabbau bremsende) als auch eine den Knochenaufbau stimulierende Wirkung verfügen. Die Verbesserung der Calciumaufnahme im Darm fördert auch die Knochenmineralisierung und damit den Knochenaufbau. Daneben scheint sogar eine direkte, aktivierende Wirkung auf die Osteoblasten (knochenaufbauende Zellen) zu bestehen, was ein weiterer Grund für die in mehreren Studien mit Calcium/Vitamin D und Vitamin-D-Metaboliten beobachtete Zunahme der Knochendichte zu sein scheint. Eine Zunahme der Knochendichte unter Calcium und Vitamin D konnten auch wir in eigenen Studien feststellen (siehe auch Basistherapie – Calcium und Vitamin D). Andererseits bewirkt die Absenkung des Parathormonspiegels bei Vorliegen eines sekundären Hyperparathyreoidismus zusätzlich eine Reduktion der Knochenabbaurate im Sinne einer antiresorptiven Wirkung, weshalb die Vitamin-D-Metabolite als einziges Medikament sowohl der Gruppe der den Knochenabbau bremsenden als auch der Gruppe der den Knochenaufbau stimulierenden Medikamente zugerechnet werden kann. So konnte u.a. in einer Züricher Studie (Dambacher M.A.) gezeigt werden, dass vor allem der trabekuläre Knochenmasseverlust bei Vorliegen selbst einer ausgeprägten Fast-Loser-Situation (mehr als 3% Knochenmasseverlust pro Jahr), die Knochenabbaurate mit Vitamin-D-Metaboliten nicht nur gebremst, sondern sogar völlig gestoppt werden konnte. Betrug der durchschnittliche trabekuläre Knochenmasseverlust an den 31 Patienten in dieser Studie vor Beginn der Behandlung im Durchschnitt 6,6 % pro Jahr (!), konnte dieser unter Alfacalcidol (Doss®, 1mg tgl.) völlig gestoppt werden (Knochendichteänderung nach Behandlung im Durchschnitt + 0,01 % pro Jahr).

 

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Wie das normale Vitamin D bewirken auch die Vitamin-D-Metabolite eine verbesserte Übertragung der Nervenimpulse auf die Muskeln (neuromuskuläre Koordination), weshalb auch unter diesen das Sturzrisiko gesenkt wird. Das aufgrund weniger Stürze verminderte Knochenbruchrisiko sollte sich besonders auf traumatisch bedingte Knochenbrüche, also peripher (Oberarm, Unterarm, Unterschenkel, Oberschenkelhals) auswirken. Leider existieren zu den Vitamin-D-Metaboliten noch keine, den Aminobisphosphonaten oder dem Raloxifen vergleichbare, große Studien, in welchen die Senkung der Knochenbruchrate eindeutig nachgewiesen werden konnte. Daher ist die Bedeutung der Vitamin-D-Metabolite in der Osteoporosetherapie insgesamt doch bedeutend geringer, als für diese beiden Medikamente. Zwar gibt es Studien, in denen auch für Vitamin-D-Metabolite eine Senkung der Häufigkeit von Oberschenkelhals- und auch von Wirbelbrüchen gezeigt wurde, jedoch handelte es sich dabei entweder um weniger beweiskräftige sog. retrospektive Studien (rückwirkende Auswertung von Patientendaten) oder die Anzahl der in diese Studien eingeschlossenen Patienten war wesentlich geringer, so dass die Kriterien einer auf Evidenz basierten Medizin nicht ausreichend erfüllt sind. Schließlich sind Vitamin-D-Metabolite erheblich teurer als das normale (native) Vitamin D. Da außer bei einer vorhandenen Umwandlungsstörung des nativen Vitamin-D in der Niere (Vitamin-D-Resistenz) in das aktive D-Hormon bisher kein sicherer Vorteil der Vitamin-D-Metaboliten gegenüber dem nativen Vitamin D bei der Behandlung der Osteoporose nachgewiesen ist, bleibt die Anwendung der Vitamin-D-Metabolite bis auf weiteres eher speziellen Fällen oder der (unterstützenden) Behandlung bei sekundärer Osteoporose vorbehalten.


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Welche Vitamin-D-Metabolite gibt es?

Neben der schon erwähnten Vorstufe des durch Umwandlung entstehenden aktiven Vitamin-D-Metaboliten 1,25-Dihydroxy-Vitamin D, dem 1-a-Hydroxy-Vitamin D oder Alfacalcidol (Doss®, Bondiol®, EinsAlpha®) ist auch das 1,25-Dihydroxy-Vitamin D selbst, das Calcitriol®) als Medikament auf dem Markt. Während in der Schweiz oder z.B. in Japan das Calcitriol breitere Anwendung findet, wird hierzulande das Alfacalcidol mehr eingesetzt.


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Nebenwirkungen und Einnahmevorschriften

Als körpereigene Substanz ist auch der Wirkmechanismus der Vitamin-D-Metabolite ein physiologischer. Daher sind Nebenwirkungen eher selten. Aufgrund der deutlich verbesserten Calciumaufnahme im Darm bei Anwendung der Vitamin-D-Metabolite besteht hier vor allem die Gefahr erhöhter Calciumblutspiegel (Hypercalciämie), so dass unter Behandlung mit Vitamin-D-Metaboliten regelmäßige Kontrollen der Calciumblutspiegel empfohlen werden. Auch sollte die zusätzliche Calciumzufuhr unter Behandlung mit Vitamin-D-Metaboliten bei ausreichender Calciumzufuhr über die Ernährung (Ernährungsfragebogen) entweder ganz unterbleiben oder 500 mg täglich nicht Überschreiten.


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Positive Nebeneffekte

Diese betreffen vor allem die schon erwähnten Effekte auf das Immunsystem bzw. die Reduktion entzündlicher Aktivitäten. Da Vitamin-D-Metabolite auch die negativen Effekte von Kortison auf den Knochen aufgrund ihres Wirkmechanismus direkt abschwächen, sind diese vor allem auch bei der Behandlung der kortisonbedingten Osteoporose eine interessante Behandlungsalternative.


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